bis 15.03. | #4370ARTatBerlin | neugerriemschneider (Christinenstraße) zeigt ab 7. September 2024 die Ausstellung textile traces der Künstlerin Noa Eshkol.
In textile traces, der sechsten Einzelausstellung mit Werken von Noa Eshkol, die 2024 hundert Jahre alt geworden wäre, stellt neugerriemschneider die erzählerische Qualität ihrer Praxis in den Mittelpunkt. Eine umfangreiche Auswahl von Eshkols Wandteppichen, viele zum ersten Mal gezeigt und inspiriert von ihren Reisen, bildet eine Chronik von Entdeckungen und Erinnerungen, die sich auch aus den Geschichten der verwendeten Stoffe speist. In den drei Räumen unseres Standorts in der Christinenstraße evozieren die Arbeiten das Bild einer Abfolge szenischer Akte und demonstrieren die strukturelle Strenge des vielschichtigen Schaffens der bildenden Künstlerin und Choreografin.
Eshkol collagierte Stoffteile unterschiedlichster Herkunft, darunter Verschnitte oder Teilstücke, ohne sie vorher zuzuschneiden. Während die Formen der Fragmente in vielen Fällen auf ihren Ursprung schließen lassen, erfahren sie in den farbenreichen Wandteppichen eine Metamorphose. Die Künstlerin näherte sich ihnen offen und unvoreingenommen, betrachtete sie im wahrsten Sinne des Wortes als Rohstoff für ihre Werke und entwickelte so ihr kompositorisches Verständnis kontinuierlich weiter. Auf diese Weise gelang es ihr, das heterogene Ausgangsmaterial zubeziehungsreichen Einheiten zusammenzufügen.
Die assoziativen textilen Tableaus zeugen von der genauen Beobachtungsgabe, die sowohl Eshkols bildkünstlerische als auch ihre choreografische Praxis auszeichnet, und lassen diese beiden Facetten ihres Werks miteinander in Dialog treten. Obwohl Eshkol Wandteppich und Tanz strikt voneinander trennte, haben sie doch eine gemeinsame konzeptuelle Basis: Spezifische Vorgaben und deren strikte Einhaltung ließen methodische Systeme entstehen, die durch Gliederung und Wiederholung das Ephemere einfangen.
Die präsentierten Wandteppiche, von denen eine Gruppe frei im Raum hängt und die rückseitige Struktur der Arbeiten offenbart, geben in einer Anordnung expressiver Darstellungen einen Eindruck von Eshkols Welt. Sie bewegen sich durch Waldlandschaften und abstrakte Interpretationen choreografischer Formationen, bevor sie sich Naturphänomenen und dem Kosmos zuwenden. In Geula’s Tree (1990er) bilden lange braune Streifen den Stamm und die Äste eines Baums. Letztere ragen nach oben und tragen herbstlich gefärbte Laubbüschel, zwischen denen Blätter in Blau-, Grün- und Weißtönen schimmern. Dunkle, mit floralen Motiven und ornamentalen Bändern verzierte Stoffbahnen rahmen den Baum, der sich vor dem durchgehenden Muster auffächert. In The Locomotive (1990er) übersetzt die Künstlerin die mechanischen Bewegungen einer Lokomotive in eine Zusammenstellung kreisförmiger Fragmente, die sich wie Räder zu drehen scheinen. Daneben erinnert die Komposition an einen Reigentanz aus der Vogelperspektive, während Planet (1998) den Blick in den Himmel lenkt. Eine zentrale Anordnung ringförmiger Stoffteile konturiert einen schwarzen Himmelskörper, der von weißen Sternen flankiert wird. Der Farbkontrast und die Überlagerung der Textilien erzeugen einen Eindruck von Tiefe und verdeutlichen Eshkols Fähigkeit, die künstlerische Verarbeitung von Erfahrungen und Erlebnissen auch auf die Imagination zu übertragen.
Werke von Noa Eshkol (geb. 1924, Degania Bet, Völkerbundsmandat für Palästina; gest. 2007, Cholon, Israel) wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen internationaler Museen und Institutionen gezeigt, darunter Georg Kolbe Museum, Berlin (2024); Norrköpings Konstmuseum, Norrköping (2022); Oslo Kunstforening, Oslo (2021); Casa do Povo, São Paulo (2021); 34. Bienal de São Paulo, São Paulo (2021); Van Abbemuseum, Eindhoven (2019); CFHILL Art Space, Stockholm (2019); Vleeshal, Middelburg (2017); 20. Biennale of Sydney, Sydney (2016); Badischer Kunstverein, Karlsruhe (2016); Museum of Contemporary Art Tokyo, Tokio (2014); Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim, Rüsselsheim (2013); TBA21 Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Wien (2012); The Jewish Museum, New York (2012); Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles (2012); The Israel Museum, Jerusalem (2011); Center for Contemporary Art, Tel Aviv (2011); The Open Museum, Tefen Industrial Park, Kfar Vradim (2010); Hamumche Gallery, Tel Aviv (1998); Mishkan Museum of Art, En Charod (1996); Designmuseum Danmark, Kopenhagen (1980), und Tel Aviv Museum of Art, Tel Aviv (1978).
In diesem Jahr haben die KW Institute for Contemporary Art und das Georg Kolbe Museum Noa Eshkols und Avraham Wachmans einflussreiches Buch „Movement Notation“ von 1958 erstmals seit seiner Erstveröffentlichung neu aufgelegt.
Ausstellungsdaten : Samstag, 7. September 2024 bis Samstag, 15. März 2025
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Bildunterschrift Titel: Noa Eshkol, The Locomotive, 1990er Jahre, © Noa Eshkol. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und neugerriemschneider, Berlin. Foto: Jens Ziehe, Berlin, Baumwolle, Leinen, Wolle, Seide, Tüll, 272 x 411 cm
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