bis 07.11. | #0171ARTatBerlin | 401contemporary präsentiert die Künstlerin Alice Musiol in der Ausstellung UGLY BUT PERFECT vom 12. September bis zum 7. November 2015.
Alice Musiol entwickelt ihre Arbeiten stets aus einem direkten Bezug zu ihrem unmittelbaren Lebensumfeld heraus. Direkt verfügbare, bereits vorhandene oder für sie gerade leicht zugängliche Materialien bilden die Grundlage, ihr eigener Körper und die eigenen Ressourcen das Limit: Sie selbst stellt her, baut auf und transportiert – alles, was sie nicht selbst herstellen und bewegen kann, kommt als Arbeit von vornherein erst gar nicht in Frage.
Aus diesem zunächst unscheinbaren, mehr oder weniger zufällig vorhandenen Material gestaltet sie das Persönliche und Spezifische. Fast alle ihre Arbeiten bewegen sich in dieser Spannung aus vermeintlich belanglosem, willkürlichen und gesichtslosen Massenmaterial einerseits und einer persönlich-individuellen Handschrift andererseits, und diese Spannung ist auch das Metathema ihrer Arbeit: Wo und wie entsteht aus der Anonymität Identität? Wo wird das Allgemeine spezifisch? Wo das Massenhafte und Uniforme individuell?
Eine umfangreiche Streichholzsammlung etwa, die sie als Geschenk erhalten hat, wird zum Ausgangspunkt für eine ganze Werkserie. Ressourcenschonend nutzt und verwertet Musiol alle Bestandteile dieser Streichholzsammlung als Werkmaterial. Tausende von Streichhölzern arrangiert sie zu einem Mandala. Dieses Mandala ist das Ergebnis eines langwierig-meditativen Arbeitsprozesses und gleichzeitig auch Bild und Metapher für eben diesen Arbeitsprozess, für den Denkprozess, der überhaupt erst zu dieser Arbeit geführt hat. So verinnerlichend-meditativ der Charakter des Mandala ist, so stellt die Vielzahl der Streichhölzer doch das Potenzial zu einem gewaltigen Feuerwerk bereit. Und so gleichförmig die Streichhölzer auch aufgrund ihrer industriellen Produktion sein mögen, so individuell erscheinen sie im manuellen Arrangement, das der industriellen Perfektion die Unwucht und das Abweichen des Handwerklichen entgegensetzt.
Das Schachtelinnere wie auch die Schachtelhülle dienen als Ausgangsmaterial für weitere Arbeiten, die einerseits an abstrakte Ornamente, andererseits auch an Siedlungsstrukturen (System) oder Molekülstrukturen (Trial and Error) erinnern.
Einen ganz eigenen Kosmos bilden die Zeichnungen und Aquarelle, die unerhört sensibel und verletzlich eine Stimmungslage zwischen Traum und Albtraum, zwischen Erinnerung und Imagination, zwischen Auflösung und Selbstbehauptung anschlagen.
Das Thema von abstrakter Struktur und organischer Individualität bzw. Identität zieht sich wie ein roter Faden durch Musiols Werk – ob in der Aneinanderreihung von Fingerabdrücken oder einem „abstrakten“ Schweißtuch der Veronika, der „vera icon“. Und ebenso tauchen immer wieder Architekturmotive auf (Gebäude, Tür ohne Fenster), die mathematisch-konstruktive Elemente mit organisch-gewachsenen verbinden. (Reinhard Spieler)
Alice Musiol (*1971, Kattowitz) schloss ihr Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf 1999 als Meisterschülerin bei A.R. Penck ab. Sie erhielt diverse Preise und Stipendien und nahm an einer Vielzahl von Einzel- und Gruppenausstellungen teil. Dazu sind zahlreiche Publikationen herausgegeben worden. Im Herbst 2015 – mit Eröffnung des Neu- und Erweiterungsbaus des Sprengel Museums Hannover – bespielt Musiol einen der neuen „Zehn Räume …“ des Museums.
UGLY BUT PERFECT ist die erste Einzelausstellung von Alice Musiol bei 401contemporary.
Vernissage: Freitag, 11. September 2015 ab 18 Uhr
Ausstellungsdaten: Samstag, 12. September – Samstag, 7. November 2015
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Bildunterschrift:
Alice Musiol – 401contemporary – Kunst in Berlin ART@Berlin