bis 19.08. | #3926ARTatBerlin | neugerriemschneider präsentiert ab 06. Juni 2023 die Ausstellung der Künstlerin Isa Genzken. Es ist die sechste Einzelausstellung mit Werken von Isa Genzken bei neugerriemschneider.
Mit zentralen Skulpturen aus den wegweisenden Serien Empire/Vampire, Who Kills Death, die ihr Deutschland-Debüt in unserer Galerie feierte, und Flugzeugfenster (beide 2003 begonnen) ist die Präsentation eine Reflexion über unsere erste Einzelausstellung mit der Künstlerin anlässlich ihres zwanzigjährigen Jubiläums.
Genzkens einflussreiches Werk umfasst Skulptur, Installation, Collage, Fotografie, Malerei, Zeichnung und Film, woraus im Laufe von fünf Jahrzehnten eine medienübergreifende Formenvielfalt resultierte. In Auseinandersetzung mit ihrer Umgebung, in der sich lokale Empfindung und industrielle Dynamik verbinden, sind Arbeiten hervorgegangen, die ambivalente und heterogene Existenzen würdigen, zugleich aber auch als Mittel einer kontinuierlichen Hinterfragung der eigenen künstlerischen Praxis dienen. Dabei nutzt Genzken Elemente aus Architektur, Design sowie Pop- und Konsumkultur, um die vertraute Alltagswelt durch prägnante Abweichungen mit eigenen Realitäten zu konfrontieren.
Photo: Jens Ziehe, Berlin airplane window, aluminum, lacquer, plexiglas, 127 x 105 x 51 cm
Empire/Vampire, Who Kills Death markiert einen entscheidenden Wendepunkt in Genzkens Schaffen. Obgleich weiterhin von den ästhetischen und theoretischen Positionen der minimalistischen Reduktion beeinflusst, rückt die Künstlerin hier von ihrer Beschäftigung mit dieser Bewegung zugunsten eines Ansatzes ab, welcher die Assemblage in den Mittelpunkt stellt. Die Werke der umfangreichen Serie, von der wir ausgewählte Exemplare aus verschiedenen Jahren zeigen, bestehen jeweils aus einem frei stehenden Unterbau in Gestalt eines Sockels, der bei den frühen Arbeiten neutral weiß ist, bei späteren Skulpturen durch seine Gestaltung aber auch in die Komposition miteinbezogen werden kann. Er trägt eine flache Plattform, auf der sich dystopische Szenen ereignen: Kollisionen von Spielzeugsoldaten, Kunstgrün, transparenten Plastikfolien, fragmentierten Discokugeln oder Geschirr, deren Einheit durch breit aufgebrachte Sprüh- oder Acrylfarben konsolidiert ist. Diese dichten, für viele Betrachtende leicht über Augenhöhe angeordneten Dioramen aus den individuellen Erzeugnissen der Massenproduktion sind gleich Filmsets in Miniatur, deren Komplexität und Präzision Genzken als Regisseurin auszeichnen. In Form geschlossener Welten erzählen sie eigenständige Geschichten, als serielle Einheiten treten sie aber auch in Dialog miteinander.
Diesen im Raum arrangierten Skulpturen sind Werke gegenübergestellt, denen Fenster von Verkehrsflugzeugen zugrunde liegen. Die Arbeiten stehen nicht nur in der kunsthistorischen Tradition des Fensterblicks, sondern auch im Zusammenhang mit Genzkens vielgestaltigen Untersuchungen des Motivs im Laufe ihrer Karriere. Mit aufgesprühter oder verlaufender Farbe versehen, sind die Blenden der gebogenen Fragmente unterschiedlich weit heruntergezogen, sodass sie wie Augenpaare wirken. Die Öffnungen, die sie zum Teil verdecken, sind ihrer gewöhnlichen Funktion weitgehend beraubt; vereinzelte Durchblicke offenbaren lediglich die dahinter liegende weiße Wand, womit der undefinierte Raum des Fliegens und die transformative Kraft des Reisens reflektiert werden. Die aufgehängten Werke scheinen zu schweben und bleiben doch fest in ihrem räumlichen und konzeptionellen Kontext verankert. Sie lenken die Aufmerksamkeit wieder auf die Empire/Vampire-Skulpturen, deren Kompositionen wie verkleinerte, aus der Vogelperspektive betrachtete Schauplätze wirken.
Isa Genzken (geb. 1948) wird in diesem Jahr von der Neuen Nationalgalerie in Berlin mit einer umfassenden Präsentation geehrt, in der 75 Werke aus ihrem gesamten Schaffen zu sehen sind (13. Juli bis 27. November 2023). Ihre Arbeiten wurden in Einzelausstellungen internationaler Museen und Institutionen gezeigt, darunter Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, K21, Düsseldorf (2021); Kunstmuseum Basel, Basel (2020); Kunsthalle Bern, Bern (2019); Martin-Gropius-Bau, Berlin (2016); Institute of Contemporary Arts, London (2015); Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main (2015); Stedelijk Museum, Amsterdam (2015); Dallas Museum of Art, Dallas (2014); Museum of Contemporary Art, Chicago (2014); Museum of Modern Art, New York (2013); Museum Ludwig, Köln (2009); Secession, Wien (2006); Lenbachhaus, München (2004); Kunsthalle Zürich, Zürich (2003) und Museum Abteiberg, Mönchengladbach (2002). Isa Genzken nahm 1982, 1993, 2003 und 2015 an der Biennale von Venedig teil und bespielte 2007 den dortigen deutschen Pavillon. Ihre Arbeiten wurden unter anderem auf der documenta (1982, 1992, 2002) und bei den Skulptur Projekten Münster (1987, 1997, 2007) präsentiert.
Location : Linienstraße
Ausstellungsdaten : Dienstag, 6. Juni bis Samstag, 19. August 2023
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Bildunterschrift Titel: Isa Genzken, EmpireVampire VII, 2003 © Isa Genzken / VG Bild-Kunst, Bonn 2023. Courtesy neugerriemschneider, Berlin. Photo: Jens Ziehe, Berlin, glass, mirror, aluminum plate, mixed media, wood base 214 x 77 x 49,5 cm
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