post-title Nora Mona Bach + Lucy Teasdale | The Way through the Woods | Galerie Born Berlin | 28.04.-12.06.2021

Nora Mona Bach + Lucy Teasdale | The Way through the Woods | Galerie Born Berlin | 28.04.-12.06.2021

Nora Mona Bach + Lucy Teasdale | The Way through the Woods | Galerie Born Berlin | 28.04.-12.06.2021

Nora Mona Bach + Lucy Teasdale | The Way through the Woods | Galerie Born Berlin | 28.04.-12.06.2021

bis 12.06. | #3029ARTatBerlin | Galerie Born Berlin präsentiert ab 28. April 2021 die Duo-Ausstellung The Way through the Woods mit Arbeiten der Künstlerinnen Nora Mona Bach und Lucy Teasdale.  

Holzkohle ist nicht gerade das einfachste Arbeitsmaterial. Tatsächlich verwandelt es Nora Mona Bachs Atelier innerhalb von Sekunden in einen verstaubten Raum: Der gesamte Boden unter ihren Arbeiten ist mit dem feinen Puder bedeckt, der nicht am Papier haften blieb. Es ist also gewiss nicht Bequemlichkeit, die die Künstlerin zu Kohle in loser Form – also weder als Stift noch gemischt – greifen lässt. Sie nutzt dieses Medium wegen seiner besonderen Eigenschaften und der vielfältigen Möglichkeiten bei der Verwendung auf Papier. Als Pulver lässt sich das Schwarz mühelos auf dem Papier bewegen und retuschieren. So kann Bach zwischen luftigeren und dichteren Flächen wechseln und allzu starke Dunkelheit bei Bedarf wieder entfernen. Womöglich hat sie gar Freude an den materialbedingten Herausforderungen, die sie überwinden muss, um ein Werk zu vollenden. Denn in ihren Arbeiten scheint es immer auch um den kreativen Weg selbst zu gehen: Etwas muss überwunden werden, und erst wenn alles seinen Platz gefunden hat, fixiert die Künstlerin ihre Zeichnungen mit einer Sprühflasche, sodass sie auf dem Papier haften bleiben. Das fertige Kunstwerk macht uns Betrachtende zu Zeugen dieses Prozesses.

Die Bildhauerin Lucy Teasdale hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schweres leicht aussehen zu lassen. Einige ihrer Arbeiten sind in Bronze gegossen, andere in einem farbenprächtigen Verbundmaterial namens Acrystal, wieder andere sind aus Porzellan gefertigt. Oft sind die Figuren – Menschen oder Tiere – nur in abstrakter Form erkennbar. Es sind offensichtlich lebende Kreaturen, die allerdings nicht im Detail definiert und nicht mit individuellen Merkmalen versehen sind. Es handelt sich vielmehr um Erscheinungen, Körperhaltungen oder bestimmte Bewegungen. So erkennen wir etwa einen Mann, der eine Fahne schwenkt oder einen Vogel, der abtaucht. Bei einigen Skulpturen sehen wir auch die Haltestangen, die die Skulptur stabilisieren und deren verschiedene Teile miteinander verbinden. Manchmal rückt die Künstlerin solche Elemente bewusst ins Blickfeld, als wolle sie sagen: Nicht alles muss fein sauber und glatt sein. All dies wird Teil der Formen, Teasdale beteiligt uns und lädt uns mit ihren Arbeiten gewissermaßen auf die „Baustellen“ ihrer Vorstellungskraft ein. Ihre Figuren tragen noch die Abdrücke der Finger, die sie formten; das Handwerk der Bildhauerin bleibt sichtbar. Gleichzeitig ist ihnen eine Natürlichkeit eigen – als habe die Natur selbst die Skulpturen wachsen lassen und zu ihrer Gestalt beigetragen.

Zu behaupten, die Werke der beiden Künstlerinnen dieser Ausstellung seien miteinander verwandt, wäre sicherlich weit hergeholt: Ihre jeweiligen Werke bilden einen deutlichen Kontrast zueinander, ohne dabei in Konflikt zu geraten oder einander zu beißen. Das ist möglich, weil die Künstlerinnen in ihrer jeweils eigenen Arbeitsweise tief verwurzelt sind. Und dennoch gibt es jenseits des Visuellen auch etwas, das die beiden verbindet: das Interesse an zufälligen Formen und an einer organischen Entwicklung der Komposition. In beiden Werken spielt das Gleichgewicht eine zentrale Rolle: Zum einen sind da die Hände der Künstlerin, die das Bild kontrollieren und definieren wollen, andererseits die unbeabsichtigten Formen, die im Verlauf dieses Prozesses entstehen. Beiden Künstlerinnen geht es nicht allein darum, das Bild zu gestalten, sondern auch darum, loszulassen und Dinge geschehen zu lassen. Beide nutzen sowohl streng zielgerichtete Verfahren als auch Improvisation.

ART at Berlin - Courtesy of Galerie Born Berlin - Nora-Mona-Bach-2021
Nora Mona Bach – Aufstieg, 2021, Pastell und Kohle auf Papier, 39 x 29 cm 

In einigen Arbeiten von Nora Mona Bach lässt sich die Wahrnehmung von Landschaften kaum leugnen: Da gibt es Himmel oder Horizont, Wolken oder Sträucher, einen Baum oder eine Wasseroberfläche. Bei anderen Gelegenheiten aber fällt es schwer, das Dargestellte zu benennen. Wir sehen Schwarz, Grau, Dichte, Helligkeit, wir sehen aufeinanderprallende Formen; Kontraste zwischen stärker und schwächer bearbeiteten Bereichen. Beim Versuch, jene Landschaften mit den abstrakteren Bereichen in Verbindung zu bringen, kommt mir der Begriff „Atmosphäre“ in den Sinn – und vielleicht geht es genau darum: Die Künstlerin zeigt uns etwas, das eine äußere meteorologische Situation, einen inneren geistigen oder seelischen Zustand oder reine Form darstellt. Es könnte ein Blick nach außen sein oder der Anflug einer Erinnerung, die nun, wie die Reflexion einer Selbstbetrachtung, auf Papier festgehalten ist. Wenn sie mit einer Zeichnung beginnt, hat die Künstlerin zwar eine Vorstellung davon, wohin die Reise gehen soll, ob der Tenor eher hell oder melancholisch ist. Das eigentliche, endgültige Bild kennt sie dabei noch nicht. Denn dieses zeigt sich erst im Verlauf des Schaffensprozesses. Die Zeit kann man bekanntlich weder anhalten noch sehen. Und doch scheint Bach von dem Wunsch getrieben zu sein, genau dies zu tun: mit ihren Arbeiten die Zeit zu berühren. Mit ihren Werken macht sie den „Staub der Zeit“ sichtbar – auch wenn sie in den Prozess eingreift, da sie diesen Staub erst selbst erzeugt. Es ist die Künstlerin, die das schwarze Pulver auf der Oberfläche verteilt und den Formen zu Wachstum und Verdichtung verhilft, und sie ist es, die verhindert, dass andere Formen überhaupt in Erscheinung treten. Dahinter steckt die Neugier und der Wunsch, den Fluss des Lebens anzuhalten, denn unsere Erfahrungen können leicht aus dem Blickfeld entschwinden.

ART at Berlin - Courtesy of Galerie Born Berlin - Lucy-TeasdaleLucy Teasdale – Little St. George, 2021, Bronze, Marmor, 29 x 22 x 19 cm | Expl. 1/3

„Der Weg durch den Wald“ ist ein Gedicht von Rudyard Kipling aus dem Jahr 1910. Für Lucy Teasdale steht es sinnbildlich für das, was ein Künstler tut. Das Gedicht handelt von einem Pfad durch den Wald, der im Laufe der Zeit von Pflanzen und Bäumen überwachsen worden ist. Es gab diesen Pfad, doch jetzt können ihn nur jene, die ihn kannten, überhaupt noch erkennen. Der Bildhauerin gefällt dieses Bild einer Form, die da und gleichzeitig nicht da ist. In ihren Arbeiten greift sie immer wieder auf historische Szenen zurück, die etwas in ihr ausgelöst haben – so beispielsweise ein Foto der Töchter von Königin Victoria, die sich in schwarzer Trauerkleidung um eine Büste des verstorbenen Vaters drapiert haben. Dieses Bild diente ihr als Ausgangspunkt für die dreidimensionale Skulptur Spanning the Globe (2021). In einer anderen Skulptur, The Supremes (2021), wird dieser „Globus“, die Weltkugel, in anderer Form aufgegriffen: Hier bezieht sich der Titel auf eine Geschichte über den römischen Heerführer Pompeius Magnus, der oft mit einem Globus in der Hand dargestellt wurde – ein Bild, das seine Sieghaftigkeit symbolisieren soll. Da er oft in einem Atemzug mit Julius Caesar und Marcus Antonius genannt wird, finden wir in Teasdales Version gleich drei Figuren. Deren Gestalt ist allerdings weitgehend abstrakt: Der Globus könnte genauso gut ein Ball sein und die den Globus tragenden Figuren haben die Form von Stiefeln. Viele von Teasdales Arbeiten greifen auf (kunst-) geschichtliche Motive zurück, auf Drucke oder Radierungen, die ihre Aufmerksamkeit erregt haben. In solchen Motiven findet die Künstlerin unsere aktuelle Situation gespiegelt. Dabei zeigt sich sowohl ihr Gespür für das Absurde, wie auch für Schönheit und Dynamik. Diese Motive überträgt Teasdale sehr frei auf ihr eigenes Material, streift dabei den jeweiligen historischen Kontext ab und findet ihre persönliche Perspektive. Manchmal übertreibt sie dabei auf geradezu barocke Art und lässt uns rätseln, was denn der Wesenskern ihrer expressiven Formen sei. Zwischen dem ursprünglichen Motiv, das der Künstlerin als Inspiration diente und den Skulpturen, die der Betrachter sieht, verblasst die Geschichte und neue Formen entstehen. Es ist ihr Weg durch den Wald.

Jurriaan Benschop, März 2021
Übersetzung: Ingrun Wenge

Nora Mona Bach

1988 geboren in Chemnitz
2006 – 2012 Studium in der Graphikklasse von Prof. Thomas Rug an der Burg Giebichenstein, Kunsthochschule Halle
2011 Studienreise nach Damaskus (Syrien)
seit 2018 Promotion (Ph.D.) an der Bauhaus Universität Weimar
lebt und arbeitet in Halle a. d. Saale

Lucy Teasdale

1984 geboren in Birmingham, England
2006 – 2007 Studium an der Universität der Künste, Berlin
2007 – 2010 Studium freie Kunst, Kunstakademie Düsseldorf bei Tony Cragg
lebt und arbeitet in Berlin

Eröffnungstag: Mittwoch, 28. April 2021, 11:00 – 18:00 Uhr

Ausstellungsdaten: Mittwoch, 28. April – Samstag, 12. Juni 2021

Bitte beachten Sie: aufgrund der Corona-Situation beschränkter Zugang – Auskünfte unter 030 749 20 270 und 0172 88 55 692. Es gelten die Corona-Zugangsregeln, wir halten Abstand und freuen uns auf einen Becher Wein an der frischen Luft, vor der Galerie.

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