bis 17.01. | #4544ARTatBerlin | Galerie Esther Schipper zeigt derzeit die Ausstellung Europe Endless des Künstlers Christopher Roth.
Esther Schipper freut sich, Europe Endless anzukündigen, eine Präsentation von Christopher Roth mit Materialien, Trailern und Outtakes.
Christopher Roths Präsentation findet anlässlich seiner neuen Filmtrilogie statt, die sich mit der Geschichte geografischer und philosophischer Grenzgebiete, Familie und Freundschaft sowie mit der Zukunft befasst. Die Präsentation, die mit Skulpturen überdimensionaler Pommestüten und einer bunt kolorierten Ausgabe englischer PEL-Stühle (neu gestaltet von Jasper Morrison für TYP) als provisorisches Kino in Erscheinung tritt, thematisiert Europa als ein sich ständig bewegendes Ziel. Tagsüber wird im Rahmen der Eröffnung in der Galerie eine Lesung von Lukas Kubina aus seinem neuen Roman Boludo stattfinden, gefolgt von einem Konzert von Macedoniasintetica (Carlo Camerin, Mattia Rigon, Simone Carraro) und einem Screening von Metagoon 24h mit Matteo Stocco und Matteo Primiterra.
In der Galerie wird eine Auswahl an Materialien und Out-takes aus den Filmen gezeigt. Roths Trilogie – The Spectre of Eurocommunism, Infinite Histories und Look! We have come through! – steht in der Tradition des Essayfilms und verwebt Found Footage, Dokumentation und Interviews, um anhand persönlicher Erlebnisse, politischer Ideen und der Filmgeschichte konkurrierende Geschichten über Europa zu entwerfen. In den letzten Jahren hat Roth seinen eigenen Stil für diese Art von Filmen entwickelt, indem er Texte, Musik und fiktionale Elemente verwendet, um durch Übertreibung Spannung zu erzeugen und neue Zusammenhänge zu schaffen.
Exhibition view: Christopher Roth, Europe Endless: Materials, Trailers, Out-Takes, Esther Schipper, Berlin, 2024, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/ Paris/Seoul,Photo: © Andrea Rossetti.
Der erste Film, The Spectre of Eurocommunism, reflektiert die 1970er Jahre und nimmt das Leben und Werk von Roths Freund Colin MacCabe als zentralen Bezugspunkt. Der zweite Film, Infinite Histories konzentriert sich auf das Ende der 1980er Jahre, mit dem Fall der Berliner Mauer und dem Zusammenbruch der kommunistischen Staaten in Osteuropa – erzählt aus der Perspektive von Lea Ypi, einer namhaften albanisch-britischen Philosophin und Politikwissenschaftlerin, und Oana Bogdan, einer in Brüssel ansässigen rumänischen Architektin, die kurzzeitig Staatssekretärin in Bukarest war. Mit seinem Sprung ins Jahr 2038 spielt der dritte Film, Look! We have come through!, auf Roths Projekt für die Architekturbiennale in Venedig 2021 an. In diesem Film haben eine Reihe von nie vollständig spezifizierten Ereignissen die Geschichte dramatisch verändert, sodass die Gesellschaft gelernt hat, das enorme Potenzial der Einwanderung zu nutzen, neue Formen der partizipativen Politik zu erfinden und Europa als „Utopia, Newropa, Eutopia …“ zu beanspruchen. Eine Gruppe jüngerer Denker und Aktivisten, wie der „digitale Marx“ Evgeny Morozov aus Weißrussland, die italienische Ökonomin und Urbanistin Francesca Bria, der schwedische Philosoph Martin Hägglund und die britischen Künstler-Aktivisten Hilary Powell und Dan Edelstyn, bieten neue und optimistische Perspektiven, während die Protagonisten der früheren Filme in kürzeren Auftritten zu sehen sind.
Die ausgestellten Skulpturen, bunte überdimensionale Filztaschen mit großen Treibholzstücken, die Pommes Frites darstellen, sind eine humorvolle Anspielung auf die Idee von Europa, die Roth in seinen Filmen thematisiert. Jede Tüte hat eine andere Farbe, mit dem Begriff Pommes Frites in einer anderen europäischen Sprache, so betont das Werk neben den Unterschieden auch die Gemeinsamkeiten Europas. Darüber hinaus basiert das Werk auf einer Erfahrung, die eine Welt außerhalb der kapitalistischen Marktwirtschaft entwirft: Als Roth vor einer Schule in seinem Viertel in Venedig spielzeugähnliche Nachbildungen von Pommestüten sah, wurde ihm von den Kindern erzählt, dass sie nur Tauschhandel als Gegenleistung akzeptieren würden, keine Zahlung mit Geld. Das spielerische Verständnis einer Tauschwirtschaft und die Gemeinsamkeit von Pommes Frites in ganz Europa ist eine scharfsinnige, verspielte Interpretation eines europäischen Ideals, die indirekt auch die Geschichte des marxistischen Denkens aufgreift, die in den neuen Filmen erzählt wird.
Exhibition view: Christopher Roth, Europe Endless: Materials, Trailers, Out-Takes, Esther Schipper, Berlin, 2024, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/ Paris/Seoul,Photo: © Andrea Rossetti.
Christopher Roth wurde in München geboren. Er lebt und arbeitet in Berlin und Venedig.
Christopher Roths künstlerische Praxis lässt sich am besten als eine Art proaktive intellektuelle Forschungsarbeit verstehen, die Faktisches und Fiktives mit analytischen und poetischen Qualitäten verbindet. Roths Arbeit versucht zu verstehen, wie Informationen, Worte, Bilder und Ideen in einem sich ständig beschleunigenden Tempo aufgenommen, verbreitet und vermittelt werden. Seit den 1990er Jahren konzentriert sich Roth auf die „Leere“ einzelner Bilder und bestimmter generischer Bildsprache, die uns umgibt. Diese Bilder erhalten nur im Kontext eine Bedeutung – eine Funktion, die von den Massenmedien leicht manipuliert werden kann. Dieses Wissen – erworben und praktiziert als versierter Filmeditor und Regisseur von Spielfilmen und theoretisch untermauert durch seine Beschäftigung mit Kulturgeschichte und Philosophie – prägt seine gesamte Praxis.
Roths Film Baader wurde 2002 auf der Berlinale in der Kategorie Silberner Bär ausgezeichnet und 2023 in restaurierter Fassung herausgebracht.
Zu seinen ausgewählten Projekten gehören: So Long Daddy, See You in Hell, der auf dem Filmfest München 2022 Premiere feierte und in Tallinn im Wettbewerb lief. Roth war einer der Kuratoren des deutschen Pavillons auf der Architekturbiennale in Venedig 2021. Er drehte mit Brandlhuber+: The Property Drama (Chicago Biennial 2017), Legislating Architecture (Venedig Biennale, 2016) und Architecting after Politics (AUT Tirol,vai) sowie mit Colin MacCabe und Tilda Swinton The Seasons in Quincy, Four Portraits of John Berger (Berlinale, 2016). 2018 gründete Roth space-time.tv – eine kooperative Fernsehplattform mit inzwischen vier Kanälen. Derzeit ist er Gastprofessor an der Universität Hongkong und dreht in China einen Film über den Architekten John Lin.
Ausstellungsdaten: Samstag, 14. Dezember 2024 – Freitag, 17. Januar 2025.
Bildunterschrift Titel: Exhibition view: Christopher Roth, Europe Endless: Materials, Trailers, Out-Takes, Esther Schipper, Berlin, 2024, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/ Paris/Seoul,Photo: © Andrea Rossetti.
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