bis 20.12. | #4533 ARTatBerlin |Galerie alexander levy zeigt seit 15. November 2024 die Ausstellung Lagelagelage des Künstlers Gereon Krebber.
Die Galerie Alexander Levy präsentiert neue Arbeiten von Gereon Krebber unter dem Titel „Lagelagelage“.
„Lagelagelage“ greift das bekannte Immobilienmotto auf, um Krebbers Faszination für die Spannung zwischen stabiler Konstruktion und brüchiger Fragilität auf den Punkt zu bringen. Die Werke verweisen auf eine Zeit, in der Großstädte von Bauprojekten und Immobilienspekulationen geprägt sind, die unsere Gesellschaften in der globalisierten Realität mit sozialer Trennung und Exklusion konfrontieren. Unsere urbane Umwelt ist aus geometrischen und symmetrischen Konstruktionsmaterialien erbaut – Strukturen, die in der Ausstellung ins Wanken gebracht und ihre Symmetrie aufgelöst wird. Die Ausstellung spielt bewusst mit Bildern für Umbruchssituationen, prekäre Phasen und zerfallene Strukturen, wie sie im urbanen Kontext oft zutage treten.
Die Skulpturen aus Keramik, Polyurethan, Beton und Metall erinnern an verfremdete Versionen von Mobiliar: Ob Regal oder Spielgerüst, Wanne oder Schaltkasten – die Gebrauchsobjekte sind dem eigentlichen Zweck enthoben und haben ein Eigenleben begonnen. Die Ausstellung vereint einzelne Werkkomplexe zu einem Gesamtbild, das den Galerieraum in eine abstrakte, chaotische Stadtszenerie verwandelt. Hier wird der Zustand zwischen Stabilität und Fragilität spürbar – die Spannung zwischen monumentalen Bauten und der prekären Realität urbanen Wohnraums.
Im Eingangsbereich treffen Besuchende auf eine weißliche Wanne aus Bauschaum, die überquellend an den Rändern herunterläuft und zugleich in der Mitte ein klaffendes Loch zeigt – grob herausgeschnitten wie eine improvisierte Theaterrequisite. ‚Bonus (Disrupted)‘ ist ein Werk von 2008, das Krebber überarbeitet hat. Aus dem flockigen, einheitlichen Schaumbad ist eine Kraterlandschaft geworden, das weiche Material scheint versteinert. Die „Dupperbox“, eine Skulptur aus glasierter Keramik, steht auf der Kante eines Betonsockels. Die Position ist unsicher, ein stabiler Stand nicht mehr gegeben. Die fragile Skulptur droht herunterzustürzen und zu zerbrechen. Der Kippmoment wirkt wie eingefroren und lässt die bedrohte Balance plastisch greifbar werden.
Gereon Krebber,Lagelagelage, installation view, alexander levy, Berlin, courtesy of the artist andalexander levy, Berlin, photo: Marcus Schneider.
Das graue Stahlgestell „What if we were wrong“ erinnert an ein skelettiertes Regal, ein Klettergerüst auf einem stillgelegten Spielplatz oder ein dysfunktionales Bauwerk: windschief, kaputt und leer bis auf einige Überbleibsel wie einen aufgequollenen Lappen und ein Betongewicht. Ein bronzefarbenes Objekt hängt wie ein kristalliner Mond in der Struktur und weckt die Hoffnung, dass der Bau eines Tages doch noch fortgesetzt wird. Die Arbeit lässt einen melancholisch zurück und erinnert an Projekte in Großstädten, die begonnen, dann aber für Jahre vernachlässigt wurden – fragil, fragmentarisch und vergessen. Dahinter ein winziger oranger Lichtblick – „Früchtchenblock“ ist eine überraschend kleine Arbeit aus Keramik, die die Brücke zur angrenzenden Ausstellung „Miniaturen“ von Friedrich Einhoff und Max Neumann schlägt.
An den Wänden hängen Arbeiten aus der Serie „Kompartimento“, die wie verkleinerte Trümmerstücke wirken. Es sind aus Keramik modellierte, künstliche Fragmente mit einer streng rechtwinkligen, regelmäßigen Struktur, wie sie symbolisch für moderne Architektur steht. Bewusst durchbrochen und verformt, wirken sie partiell zerstört. Die Bruchstücke hängen horizontal ausgerichtet wie Trophäen oder Zeugnisse urbaner Architektur. Sie sind überzogen mit leuchtender Glasur, die wie Speichel oder Fruchtgelee über die Bruchstücke zu fließen scheinen und einen merkwürdigen Kontrast zur strengen Formensprache setzen.
Die Skulptur „Jengo“ verweist auf das bekannte Spiel mit Türmen aus Holzstäben: Ein wackeliger Stapel verkohlter Holzstücke, der in überlebensgroßem Maßstab auf einem runden Sockel steht, erhält durch dieses Fundament zwar einen stabilen Grund, aber der Stand bleibt fragil. Würde ein Stück zuviel gezogen, bricht der Turm zusammen. Diese vergrößerte, angekokelte Version des Spiels erinnert an die temporäre, unsichere Beschaffenheit urbaner Konstruktionen. Im hinteren Raum begegnen wir der Installation „Curlyburly“: Auf dem Boden liegen zahlreiche muschelartige Schalenkörper aus glasierter Keramik, die mit wurmartigen Gebilden prall gefüllt sind und überzuquellen drohen.
Ein geradliniges Gefüge aus Aluvierkantrohren mit pockenartigen Nieten zieht sich durch die Arbeit und trennt die Gruppe. Krebber erschafft skulpturale Momentaufnahmen, ohne sie vollständig zu deuten oder zu konkretisieren. Die Bedeutung entsteht erst im Dialog mit den Betrachtenden, die ihre eigenen Erfahrungen und Assoziationen in die Arbeiten einbringen und ihnen dadurch eine zusätzliche, persönliche Dimension verleihen. Die Skulpturen reiben sich an den Konstruktionsprinzipien unserer urbanen Umwelt, bringen sie ins Wanken und lassen Raum für Transformation und Deformation. Es ist ein Spiel mit der Fragilität und Vergänglichkeit des Materials, das nicht nur die äußeren Formen, sondern auch die inneren Strukturen unserer Gesellschaft reflektiert.
Vernissage: Freitag, 15. November 2024
Ausstellungsdaten: Freitag, 15. November – Freitag, 20. Dezember 2024
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Bildunterschrift Titelbild: Gereon Krebber,Lagelagelage, installation view, alexander levy, Berlin, courtesy of the artist andalexander levy, Berlin, photo: Marcus Schneider.
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